DESIGNGESCHICHTE(N)
Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung
Philipp Witte von MAGAZIN im Gespräch mit MUCBOOK*
Wir haben Philipp Witte von MAGAZIN gefragt, wie er Nachhaltigkeit in seinen Arbeitsalltag als Produktentwickler integriert und welche klugen Lösungen es in Hinblick auf Versand und Verpackung gibt.
Was ist deine Aufgabe bei MAGAZIN?
Ich bin Produktentwickler und damit mitverantwortlich für die Entwicklung und Pflege der MAGAZIN-Produkte, unserer eigenen Produktlinie bei MAGAZIN. Wir bringen die Entwürfe und Prototypen externer Designer*innen zur Serienreife, entwickeln aber auch von Grund auf eigene Produkte.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung? Achtest du in deiner täglichen Arbeit auch darauf, nachhaltige Materialien zu verwenden, oder legst du den Fokus vor allem auf die Langlebigkeit der Produkte.
Der erste Schritt zu einem nachhaltigen Produkt ist dessen Konzipierung auf ein langes Produktleben hin. [...] Wir sind grundsätzlich als Möbelhersteller zurückhaltend damit, unsere Produkte als nachhaltig oder ökologisch darzustellen. Jedes noch so „grüne“ Möbel ist nachteilig für die Umwelt, da sollte man ganz ehrlich und transparent sein. Was ist uns wichtig? Materialwahl und -herkunft, Trennbarkeit, Verpackungsmaterial, Fertigungsort im Dialog mit Gebrauchswert, Langlebigkeit und angemessener Preisbildung. Eine besonders abriebfeste Pulverbeschichtung wie bei unserem CONTAINER DS zum Beispiel enthält zwar mehr Kunststoff, macht die Oberfläche aber ungleich hochwertiger und verlängert die Haltbarkeit enorm. Manchmal muss man also abwägen. Am besten ist es, wenn sich Gebrauchswert und ökologische Qualitäten ergänzen. Das erfordert auch die Offenheit der Kund*innen, so manche Gewohnheiten zu überdenken. Ein uriger Holztisch wie unser Tisch FELDMARK darf aus unserer Sicht lebendig aussehen und eine Patina bilden. Wir versuchen, bei jeder Neuentwicklung so wenig wie möglich Materialien zu kombinieren und wenn doch, sie durch die Konstruktion möglichst leicht trennbar zu halten. Das bedeutet Stecken und Schrauben anstatt Kleben und Verpressen. Es vereinfacht am Ende eines angestrebten langen Produktlebens das Recycling der Wertstoffe deutlich. Die Verwendung von Monomaterialien sieht man beispielhaft am Tisch FELDMARK oder der Ablage STAPLER, wobei man hier den Pulverlack als zusätzliches Material betrachten kann. Das Wandregal RM3 oder das Bett SIMPLON werden aus zwei bis drei Materialien zusammengesteckt und sind kinderleicht zu trennen. Diese Prinzipien lassen sich an den meisten MAGAZIN-Produkten ablesen.
Ablage Stapler
TISCH FELDMARK ZWO
WANDREGAL RM3
Und abgesehen von der Produktentwicklung? Einige eurer Produkte sind ja sehr groß und brauchen dementsprechend viel Verpackungsmaterial.
Der Versand von schweren und großen Produkten mit Paketdiensten oder Spediteuren stellt besonders hohe Anforderungen an die Verpackungen. Ein beim Versand beschädigtes Produkt, das retour geschickt wird und anschließend recycelt werden muss, ist ökologisch und wirtschaftlich belastend. Unsere höchste Priorität ist es also, die Produkte einwandfrei zu den Kund*innen zu bekommen. Eines unserer aktuellen Projekte ist die Überarbeitung aller Verpackungen der derzeitigen Produktpalette hin zu papierbasierten Lösungen und möglichst geringem Kunststoffanteil. Wir suchen also Substitutionen oder erarbeiten konstruktive Lösungen, die trotzdem die Transportsicherheit der Waren nicht beschränken. [...] Das ist zwar teurer, wir erachten es aber als absolut notwendig. Ein zweiter wichtiger Punkt im Paketversand ist rückenschonendes Handling für Paketzusteller und Kunden. Die Verpackung muss also gleichzeitig möglichst leicht und gut zu tragen sein. Technologien und Fertigungsmöglichkeiten ändern sich stetig, wir halten also dauerhaft Ausschau nach neuen Lösungen und Alternativen.
Die Verpackung ist das eine, aber auch der Versand selbst ist ja eine Herausforderung für die C02-Bilanz. Was ist eure Strategie?
Wir lassen fast ausschließlich von Handwerks- und Mittelstandsbetrieben in Deutschland fertigen, um die Transportwege kurzzuhalten und soziale und ökologische Standards zu gewährleisten.
Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch "50 Jahre 50 Produkte – Designgeschichte(n) erzählt von MAGAZIN".
Ausgezeichnet mit dem German Design Award 2024
Das Buch zu MAGAZIN! 50 Jahre MAGAZIN reizen zu einem besonderen Blick auf Themen und Produkt, Geschichten und Aktualität. Gegründet 1971 in Stuttgart hat MAGAZIN Geschichte erlebt und geschrieben. Weggefährten und Zeitgenossen, Produktdesigner, Kunden und Liebhaber der Marke kommen mit ihrem Blick auf die Geschehnisse zu Wort. Eine Sammlung von Essays, z.B. von Sibylle Berg über "Schöner Wohnen" und Maxim Biller zum Thema "Erinnerungen von Morgen", trifft auf zeitgenössische Themen zum Produktdesign, Gestaltung und Einrichtung. Ergänzt um einen besonderen Blick auf 50 beispielhafte Produkte der MAGAZIN-Geschichte. Darunter Populäres und wenig Gesehenes, Highlights und Unscheinbares, die Lieblingsprodukte von MAGAZIN und deren Hintergrundgeschichten. "Eine ebenso spannende wie unterhaltsame Reise durch die vergangenen 50 Jahre Design und Wohnästhetik", so befand die Jury des German Design Award 2024 und kürte unser Buch zum "Winner 2024". Wir freuen uns sehr!
*MUCBOOK ist seit 2009 Stadtmagazin in München und betreibt einen Co-Working-Space im MUCBOOK Clubhaus – ausgestattet mit den Möbeln von MAGAZIN.