Was ist eigentlich Linoleum

Linoleum hatte lange unter dem schlechten Ruf seiner synthetischen Verwandtschaft zu leiden. PVC-Beläge entwickelten sich in der Nachkriegszeit als billige Alternative, während in höherpreisigen Segmenten Holz sein Comeback feierte. Und Linoleum? Wurde oft nicht mal mehr als solches erkannt. Dabei passt es dank seiner speziellen Rezeptur gut in die Gegenwart. Kein Wunder, dass seine Fangemeinde wieder wächst.

Text: Stephan Becker

Die Inhaltsliste klingt nach Kinderrezeptur: Leinöl, Holz- oder Korkmehl, dazu noch ein bisschen Kreide, etwas klebriges Baumharz und natürlich Farbpigmente. Alles ordentlich durchkneten, auf einem Jutegewebe zu Bahnen rollen und schließlich trocken lassen – fertig ist ein natürliches Oberflächenmaterial mit warmer Haptik und hervorragender Ökobilanz. Sogar klimapositiv ist das Material, weil es größtenteils aus schnell nachwachsenden Rohstoffen besteht. Und es soll Menschen geben, die Linoleum allein schon aufgrund seines leicht heuigen Geruchs lieben.

In den Details stellt sich die heutige Linoleum-Produktion natürlich etwas komplizierter dar. Aber im Kern hat sich seit seiner Erfindungen durch den englischen Chemiker Frederick Walton Mitte des 19. Jahrhunderts nicht viel geändert. Beim Experimentieren mit Farben auf Leinölbasis hatte er beobachtet, wie die hellgelbe Flüssigkeit unter Einwirkung von Sauerstoff zu einer gummiartigen Polymerschicht oxidiert. Daraus entwickelte er ein Material, das schon kurze Zeit später als hochwertiger Bodenbelag und im Möbelbau weite Verbreitung fand. Aufgrund der simplen Zusammensetzung lassen sich Produktionsabfälle und Verlegereste übrigens ohne Qualitätsverlust in die Fabrikation zurückführen. Und selbst verschmutzte Altböden können hohe Recyclingquoten erreichen, wie diverse Pilotprogramme der großen Hersteller inzwischen bewiesen haben.

Stilistisch gilt Linoleum heute als Material der Moderne. Tatsächlich fällt seine Verbreitung gerade in Deutschland mit dem gestalterischen Aufbruch der 1920er-Jahre zusammen. Dank ihm waren perfekte Oberflächen fast ohne Fugen möglich, was gut zur Sachlichkeit der neuen Zeit passte. Und seine technischen Eigenschaften überzeugten ohnehin. Mechanisch hoch belastbar, widerstandsfähig gegen Öle und Fette und noch dazu leicht fungizid, bakterienhemmend und antistatisch, fand es seinen Weg nicht nur in Privathäuser und öffentliche Gebäude, sondern auch in Krankenhäuser, Labore und Produktionsstätten.

Linoleum ist aber längst auch in ästhetischer Hinsicht wieder gefragt. Das gilt nicht nur für seinen Einsatz als Bodenbelag, sondern auch für Möbeloberflächen oder gar Küchenfronten. Gut fühlt es sich an, das warme Matt, und seine pastellige Frische sorgt für sinnliche Akzente. Zudem altert es schön, es behält seinen hochwertigen Ausdruck und bekommt lediglich an viel genutzten Stellen einen leichten Glanz. Ausschließlich aus ökologischen Gründen muss man Linoleum also nicht wählen. Aber man darf natürlich.

Bilder: Carolyn Franks / Alamy Stock Foto; Sebastian Fengler

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Was heisst eigentlich...?

  • Korrosionsschutz bedeutet meist, eine zusätzliche Beschichtung aufzubringen. Bei Aluminium hingegen reicht ein wenig Sauerstoff. Im Elektrolyseverfahren bildet das Metall aus sich selbst heraus eine ebenso harte wie haltbare Oberfläche aus Aluminiumoxid. Und die kann sogar gefärbt werden

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