Was ist eigentlich Draht?

Draht

Draht als simpler Verformungszustand von Metall gehört derzeit vielleicht nicht zu den angesagten Materialien. Vom Drahtzieher im Hintergrund über den heißen Draht im Kalten Krieg bis zu einem schwierigen diplomatischen Drahtseilakt hat sich Draht als Metapher allerdings tief in unsere Sprache eingeschrieben. Aus gutem Grund, denn den Werkstoff vielseitig zu nennen, wäre eine ziemliche Untertreibung.

Text: Stephan Becker

Agraffe nennt sich der kleine Drahtkorb einer Sektflasche, und alle kennen das Phänomen: Liegt eine herum, spielt man mit ihr. Draht, so scheint es, hat eine ganz eigene Anziehungskraft. Das hat sicher damit zu tun, wie intuitiv und leicht sich so dünnes Metall formen lässt – etwas Fingerkraft reicht. Die Herstellung von Draht ist seit rund 5.000 Jahren nachgewiesen. Wurden Goldfäden, also Golddraht, in der Bibel noch aus gehämmerten Platten geschnitten, hat sich seit dem frühen Mittelalter das Ziehverfahren als Standard etabliert. Ein heute meist im Strangguss hergestellter Rohling wird durch sich verjüngende Bohrungen gezogen und bei Raumtemperatur in mehreren Schritten auf Durchmesser gebracht. Dass dafür schon vor 500 Jahren wasserkraftbetriebene Maschinen eingesetzt wurden, zeugt von der Bedeutung des Produkts. Für die Drahtherstellung geeignet sind praktisch alle Metalle von weichem Aluminium bis zu hartem Titan. Anders als das innen hohle Rohr ist Draht stets massiv.

Verwendung findet Draht in allen Branchen und Industrien, als Filter in der Chemie ebenso wie als Kabel in der Elektrotechnik. Als Kunst oder Schmuck verschönert Draht unsere Welt sogar. Der Bildhauer Alexander Calder fertigte beispielsweise kleine Drahtporträts von seinen Freund*innen. Auch Designer*innen lieben den Werkstoff: Denn damit können sie eine dreidimensionale Linie in den Raum zeichnen.

Die Essenz von Draht: Er ist einfach zu bearbeiten und dabei stabil. Um ein Möbelgestell aus Stahldraht herzustellen, reicht eine einfache Biegemaschine – trotz des für diesen Zweck relativ großen Durchmessers. Und als dreidimensionales Geflecht – man denke etwa an Einkaufswagen – erhöht sich die Tragkraft des Materials noch einmal erheblich. Es entsteht eine sehr belastbare und zugleich leichte Konstruktion. Umgekehrt bedeutet dies aber keineswegs, dass nicht auch flexible Strukturen möglich wären. Papageien im Zoo fliegen unter frei gespannten Volieren und hochfeste Drahtnetze schützen in den Bergen vor Steinschlag.

Im Alltag begegnet uns Draht meist in metallisch-natürlicher Form. Aus dem Garten kennen wir rostige Maschenzäune, mit Edelstahlschwämmen reinigen wir Töpfe – und manche Brücke, über die wir fahren, wird von Seilen aus Draht getragen. Gerade im Möbelbau sind dank Veredelungstechniken wie der Pulverbeschichtung aber längst filigrane Akzente in Farbe möglich. Und verzinkt halten Objekte aus Draht selbst im Außenbereich jahrzehntelang. Kein Wunder, dass auch MAGAZIN für seine eigene Kollektion, die MAGAZIN-Produkte, gerne auf den heimlichen Wunderwerkstoff zurückgreift.

Bilder: © Grafphotographer | Dreamstime.com; Maarten van den Heuvel, Unsplash

Dinge aus Draht

Was heisst eigentlich...?

  • Korrosionsschutz bedeutet meist, eine zusätzliche Beschichtung aufzubringen. Bei Aluminium hingegen reicht ein wenig Sauerstoff. Im Elektrolyseverfahren bildet das Metall aus sich selbst heraus eine ebenso harte wie haltbare Oberfläche aus Aluminiumoxid. Und die kann sogar gefärbt werden

  • Langlebig, vielfältig, emissionsarm, effizient. Pulverbeschichtung mag zwar nicht so glamourös klingen, aber wenn es bunt werden soll, gibt es im Oberflächenschutz kaum ein besseres Verfahren. Dank elektrostatischer Effekte können damit perfekte Oberflächen hergestellt werden.

  • Roh, unverblümt, radikal – verzinkte Oberflächen besitzen eine besondere Ästhetik und entwickeln in Zusammenspiel mit Material, Form und Umgebung oft eine faszinierende Schönheit. Wir bei MAGAZIN schätzen das Material und verwenden es bei verschiedenen Produkten.